Im traurigen Monat November

by

Heinrich Heine






Im traurigen Monat November war's,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.
 
Und als ich an die Grenze kam,
Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen
In meiner Brust, ich glaube sogar
Die Augen begunnen zu tropfen.
 
Und als ich die deutsche Sprache vernahm,
Da ward mir seltsam zumute;
Ich meinte nicht anders, als ob das Herz
Recht angenehm verblute.
 
Ein kleines Harfenmädchen sang.
Sie sang mit wahrem Gefühle
Und falscher Stimme, doch ward ich sehr
Gerühret von ihrem Spiele.
 
Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.
 
Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.
 
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
 
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
'Twas November, t\hat month a little sad,
When the days become e'er more gloomy,
When the wind trees of their foliage strips,
That a return to Germany fell to me.
 
And as I to the border came,
I felt a strong throbbing
In my bosom, I even, I do believe,
Almost began a sobbing.
 
And when I heard the German language,
I had a strange feeling;
It felt to me just as if my heart
Pleasantly to death was bleeding.
 
A little harp girl1 sang.
She sang with true feeling
And a false voice, but I became very
Touched by her playing.
 
Her song of old renounced the world,
Replaced it with a lullaby from heaven
That to sleep lulls, when to plaint
The people turn, the lot so craven.
 
I know the tune, I know the words,
I know too by whom these were penned;
I know in secret 'twas wine they drank,
While for others only water did commend.
 
A new song, a better song,
Oh friends, write thee I desire!
Here on earth we would already
To build the kingdom of heaven aspire.
 
We on earth would joyously live,
And no longer here such hunger feel;
Of excess should lazy bellies not avail,
When hands hard have worked to make a meal.